Ligurien: Wandern in Cinque Terre

Wandern hat viele Vorteile. Es hält körperlich fit, man sieht viel, lernt die Natur kennen und bekommt einen freien Geist. Ich mag wandern. Deshalb wollte ich auch unbedingt nach Cinque Terre, ein wunderschönes Fleckchen Erde an der italienischen Riviera.

Was nicht besonders clever war: Sich in dieser äußerst touristischen Region mitten in der Hochsaison ganze drei Tage vor der geplanten Ankunft auf die Suche nach einem freien Herbergs-Bett zu machen. Es gab nämlich keins mehr.

Dass meine ausgeprägte Wanderlust schließlich über den Budget-bedachten Backpacker siegte, war auch einer Neu-Entdeckung zu verdanken: Nach über einem Jahr des Herumreisens gab ich Airbnb mal eine Chance. Ich fand ein teures, aber noch bezahlbares Zimmer in La Spezia und machte mich auf den Weg.

Viele bunte Häuser

Cinque Terre (zu Deutsch: fünf Länder) ist ein zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörender Nationalpark an der Westküste Norditaliens, durchzogen von Wanderwegen und Wäldern. Hauptattraktion sind fünf kleine Städtchen an der Küste, bestehend aus kleinen bunten Häusern, zwischen denen sich Menschen durch die überfüllten Gassen schlängeln. Cafés reihen sich ein neben Trattorien und Gelaterien, es riecht nach Meer, es wird viel gespeist und getratscht.

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Das kleine Städtchen Vernazza. Cinque Terre ist für Fotografen ein Traum

Sobald man aus den Dörfern hinausgeht und in die Natur schnuppert, hat man auch mal seine Ruhe. Anstrengende Höhenmeter werden mit fantastischen Ausblicken belohnt. Zwischen den Zypressen hindurch und über die grünen Weinberge hinweg erspäht man immer wieder die farbenfrohen Ortschaften.

Ich startete morgens um neun in Monterosso und kam immerhin bis nach Manarola, dem vorletzten Dorf. Nach acht Stunden des anstrengenden Wanderns setzte die Erschöpfung ein und ich nahm den Zug zurück nach La Spezia.

Entlang der ligurischen Küste

Eigentlich wollte ich meinen Füßen nach der harten Arbeit eine Ruhepause und langen Schlaf gönnen, aber mein Gastgeber Alberto spielte nicht mit. „I want to go to Portovenere on my motorbike tonight, you want to join?“, fragte er mich mit seinem italienischen Akzent, und wie kann man so ein Angebot schon ablehnen. Helm auf, los ging’s – WRUUUUUM – und schon waren wir da, rechtzeitig zum Sonnenuntergang.

Noch mehr bunte Häuser aber dafür weniger Touristen, ein einsamer Fagott-Spieler mit seinem Instrumenten-Koffer vor sich schuf Atmosphäre. Ich hatte in Alberto meinen eigenen Reiseführer, er ist in La Spezia geboren und kennt die Region in- und auswendig. Er führte mich die Uferpromenade entlang und hinauf zum Schloss. Die Seemöwen sangen ihr Lied und es wurde dunkel.

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Portovenere liegt am südlichen Zipfel des Cinque Terre Nationalparks

Alberto nahm mich mit nach Lerici, einmal drum rum um den Golf der Poeten, der so heißt, weil die Dichter und Denker Italiens hier vor 200 Jahren ihre Muse suchten.

Die Luft fuhr meine Arme entlang, so kühl dass es fröstelte, aber noch warm genug auch ohne Jacke. Ich lud Alberto zu einem eiskalten Stella Artois ein und wir ließen den Abend ausklingen. Zurück in La Spezia fiel ich ins Bett, glücklich, und um eine Erfahrung reicher.

Allein zwischen den Trauben

Am nächsten Abend, meinem letzten in Cinque Terre, überkam mich nochmal die Wanderlust. Von Manarola aus machte ich mich auf den Weg nach oben, hunderte Steinstufen, in Serpentinen dem Himmel entgegen. Trotz der späten Stunde floss der Schweiß die Wangen hinunter, die Haare klatschnass, das blaue Polyester-Shirt an der Brust klebend. Die Touristen saßen wohl in den edlen Restaurants weit unter mir und ließen sich die traditionellen Anchovis auftischen, hier war ich jedenfalls allein.

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K1600_IMGP4181Die Weinberge zwischen Corniglia und Manarola

Oben angekommen setzte ich mich ins Gras, zwischen den noch sauren Trauben in die steilen Hänge des Weinbergs, in einigen Monaten entsteht hier nach mühevoller Handlese der besondere ligurische Wein. Links im Tal lag Riomaggiore, rechts lag Manarola und vor mir glitzerte das Mittelmeer. Ich genoss die Geräusche der Natur und schaute zu, wie in den Dörfern langsam die Lichter angingen und die vielen Farben sich zu einem Gemisch aus Licht und Schatten verwandelten. Die Gedanken waren frei und mein Geist war leer, vom Wandern gereinigt.

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Tipp: Die Via Alta zwischen Corniglia und Manarola bietet unglaubliche Ausblicke. Selbst wenn der Küstenweg geöffnet sein sollte, lohnt es sich, die Anstrengung (~2 Stunden bei schnellem Tempo) auf sich zu nehmen. Mehr Infos zum Wandern in Cinque Terre gibt’s hier.

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