Parque Nacional Tayrona: Eine Oase der Ruhe

Keine Straßen, kein Internet, kein Fernsehen: Der Parque Nacional Tayrona an der Atlantikküste von Kolumbien verspricht Abgeschiedenheit und Ruhe. Er ist ein Ort, an dem das Abschalten und Ausklinken leicht fällt.

„Some of the best beaches in the world“, stand am Eingang des Nationalparks auf einem kleinen Holzschild geschrieben. Ich musste schmunzeln. Nicht besonders kreativ, diese selbstbewusste Ankündigung.

Zwei Stunden später laufe ich über Holzplanken von Bucht zu Bucht und staune. Die Strände sind weiß, der Himmel blau und die Palmen wachsen schräg gen Norden. Ich entscheide: Derjenige, der für das Holzschild verantwortlich ist, hat nicht übertrieben.

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Tayrona ist ein ungewöhnlicher Ort. Die Hüter des Parks haben sich der Konservierung der Natur verschrieben. Es gibt keine Straßen oder Fahrzeuge, die Güter werden altmodisch von Pferden über Trampelpfade transportiert. Überall weisen Schilder auf die Einzigartigkeit von Flora und Fauna sowie die Verantwortung des Menschen ihr gegenüber hin. „No basura“ – kein Müll: Hier wird Achtsamkeit gelehrt. Niemand will die Natur für die nachkommenden Besucher verschandeln.

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Die Klientel ist vergleichsweise jung. Der Massentourismus bleibt diesen Traumstränden fern. Warum? Es gibt keine großen Hotelketten, keine Poolbar, keine Party. Die meisten Besucher schlafen nicht in Bungalows, sondern in Zelten und Hängematten. Auch ich verbringe das erste Mal in meinem Leben eine Nacht in der Hängematte, sie verläuft überraschend ruhig und gemütlich. Am Morgen ist der Strand noch voll von frischen Vogelspuren.Wind, Wellen und Füße werden sie im Laufe des Tages verwischen.

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Ich beobachte die Menschen. Sie sind nicht gehetzt oder gestresst, nicht auf der Suche nach äußeren Einflüssen, die kurzweiliges Glück oder hedonistische Freuden versprechen. Die Handys bleiben bei den Gesprächen in der Hosentasche. Der Drang, auf das Display zu schauen, verschwindet mit der Abwesenheit von Zivilisation. Jahrtausendelang bedeutete Zivilisation Straßen, Häuser und Menschen. Heute setzen wir Zivilisation mit der Verfügbarkeit von Internet und Strom gleich.

An diesem Ort merke ich, wie das Netz nicht nur die Gesellschaft, sondern auch unser aller Wesen beeinflusst. Wir sind die Generation Y, aufgewachsen mit permanenter Verbindung. Wir sind ständig präsent, nicht nur dort, wo wir uns physisch aufhalten, sondern auch übers Netz bei unseren Freunden und Familien. Ein gewaltiger Fortschritt, doch nimmt er uns vielleicht auch die Fähigkeit, mit jeder Faser unseres Wesens im Hier und Jetzt zu verweilen?

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Die Menschen hier sind ganz bei sich. Manche sitzen stundenlang auf einer Holzbank und schauen auf das Meer, wie sich die Brandung an den Felsen bricht. Am Abend versammelt sich die halbe Gästeschaft und blickt auf den Ozean. Dieser Ort ist eine Oase, nur dass das begehrte Gut nicht Wasser ist, sondern Ruhe.

Für einige Tage fühle ich mich in dieser Oase wohl, doch auf Dauer wird sie zum Gefängnis. Um mich herum herrscht WiFi-Wüste. Wir haben uns grundlegend verändert, denn vor 20 Jahren war dieser Zustand Normalität. Ein Zustand, den ich nicht mehr kennengelernt habe. Für mich sind die Möglichkeiten an diesem Ort beschränkt und der Rest der Welt abgeschnitten. Sobald das Verlangen nach Verbindung überhand nimmt, werden Drang und Notwendigkeit mich zurück zum nächsten Router treiben. Ich werde eine halbe Stunde auf das Display meines Handys starren und verdammt froh sein, endlich wieder zu wissen, was in der Welt und in meiner Heimat vor sich geht.

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